Alles Gold was glänzt? Farbherstellung im Mittelalter

Zu den Aufgaben eines mittelalterlichen Buchmalers gehörte nicht nur die Entwicklung und Realisierung der Illustrationen an sich, sondern auch die Herstellung der Farbe die verwendet werden sollte. In vielen Handschriften ist noch heute erkennbar, wie kostbar die Farbe beziehungsweise die verschiedenen Pigmente für den Buchmalereisektor damals gewesen sein muss, kann man doch immer wieder entdecken, dass manche Miniaturen in Manuskripten nicht mit Farbe ausgefüllt werden konnten. Auch in der Forschung der mittelalterlichen Buchkunst bestehen bis heute Ungewissheiten darüber, wie bestimmte Farbpigmente damals eigentlich gewonnen werden konnten.

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Purpurschnecken. Quelle: © Hans Hillewaert, CC-BY-SA 4.0

Klar ist, dass die im Mittelalter zur Verfügung stehenden Farben sowohl aus organischen als auch aus anorganischen Ressourcen gewonnen wurden. Bei den organischen Farbmitteln handelte es sich meist um jene, die aus der Flora und Fauna des gegebenen Umfelds hergestellt werden konnte. Das oftmals verwendete purpurfarbene Karmin wurde aus dem Weibchen der Kermesschildläuse hergestellt, während man einen gelben Farbton aus der Galle vom Kalb oder der Schildkröte herstellen konnte. Purpur konnte außerdem aus sogenannten Pupurschnecken gewonnen werden, wobei man jedoch etwa 10.000 Schnecken für ein Gramm Purpurfarbstoff benötigte. Vielleicht einer der Gründe, warum die Christen den Purpur vorerst als “heidnischen Luxus” und als Teufelswerk verschmähten bevor er begann als Zeichen von Macht zu gelten und man ihn gemeinsam mit Gold als “Farbe der göttlichen Majestät” feierte. Purpur wurde bis in das 12. Jahrhundert jedoch weniger zum malen als zum Färben des Pergaments verwendet. Weitere natürliche Herstellung von Farbe geschah durch die damals gegebene Flora. Aus den Blütennarben des Safran konnte ein leuchtend gelber Farbstoff gewonnen werden und grüne Pigmentierung aus der Verwendung von Lauch, Petersilie und Schwertlilie. Auch das Bindemittel der Farben wurde aus organischen Ressourcen

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Safranblüten

fabriziert. Hierbei diente vor allem Eiweiß, aber auch Harze von Kirsch- und Pflaumenbäumen. Zur Herstellung von Leim, zerrieb man Pergament. Bei der Zugabe der Bindemittel musste darauf geachtet werden, dass die Menge desselben genau stimmte, damit die Farbe nicht zerfiel oder sich beim Trocknen zusammenzog, wobei die Malschicht aufsprengte.

Sehr besonders waren die blauen Farbpigmente zu Zeiten der mittelalterlichen Buchmalerei. Aus einem Kupferlasurstein, der zu Pulver zermahlen wurde gewann man das kostbare Azurit-Pigment. Außerdem konnte man es aus der orientalischen Indigopflanze oder dem Färberwaid herstellen. Besonders beliebt und noch viel kostbarer war das Ultramarin, welches aus Lapislazuli gewonnen werden konnte. Dieser Stein kam aus Afghanistan.

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Auftragen von Blattgold.

Die Herstellung und Verwendung von Gold und Silber

Um das begehrte Blattgold zu gewinnen wurde Goldblech zu hauchdünnen Blättchen verarbeitet. Dies wurde durch Hämmern auf dem Goldblech erreicht. Anschließend konnte man mit einer Schere die entsprechenden Formen ausschneiden. Das feine Blattgold wurde dann meist mit Eiklar auf dem Pergament befestigt. Eine vorherige Grundierung aus Kalk und in Wasser gelöstem Gips erhöhte die Leuchtkraft des Goldes und verlieh ihm einen ansehnlichen Schimmer. In den Fällen, in denen die Miniaturen besonders wertvoll sein sollten, legte man eine gewölbte Basis aus Kreide an, wodurch das aufgetragene Gold eine plastische Wirkung erreichte. Was man heute wohl als “3D-Effekt” bezeichnen würde.

Später pulverisierte man die Edelmetalle um sie auf das verwendete Papier aufzubringen, als man kein Pergament mehr gebrauchte. Nachdem man die Metalle mit Gummi oder Eiweiß vermischt hatte, blieb das edle Pulver auch auf dem Papier haften. Sobald die aufgetragene Farbe getrocknet war, polierte und glättete man d as vermalte Metall mit einem Achatstein oder einem Eberzahn.

Lesen Sie hier weiter, wie heute ein originalgetreues Faksimil entsteht.

Bibliografie:
Kluge, Mathias (2014) [Hrsg.]: Handschriften des Mittelalters. Thorbecke Verlag. Ostfildern.
Wolf, Norbert (2014): Buchmalerei verstehen. Primus Verlag. Darmstadt.