Neues Kolaborationsprojekt der British Library und der BnF

In einem neuen Projekt, in welchem zwei neue Webseiten entstehen sollen wird die British Library in Zusammenarbeit mit der Bibliothèque nationale de France (BnF) etwa 800 Manuskripte, die vor dem 12. Jahrhundert entstanden sind, digital aufbereiten und online verfügbar machen.

Die BnF wird dazu eine bilinguale Webseite einrichten, die einen Seite-an-Seite Vergleich von 400 Manuskripten jeder Kollektion erlauben wird. Auch die British Library wird eine bilinguale Webseite einrichten, dessen Zielgruppe ein generelles Publikum sein soll und die sowohl Höhepunkte der wichtigsten Manuskripte aufzeigt, als auch Artikel von Experten zur Verfügung stellen wird. Beide Webseiten sollen im November 2018 online gehen.

Initales i. England oder Frankreich, spätes 12. Jahrhundert (British Library, Royal MS 4 D II, f. 2v).

Initales i. England oder Frankreich, spätes 12. Jahrhundert (British Library, Royal MS 4 D II, f. 2v).

Bevor der Buchdruck in Europa Einzug gehalten hat, wurden alle Bücher als Manuskripte per Hand geschrieben. Die luxoriösesten Bücher waren mit Miniaturen ausgestattet, die sowohl Bilder als auch Dekorationen zeigten und sich durch ihre Farbpracht sowie durch ihr glanzvolles Blattgold auszeichneten. Alle Manuskripte stellen hochwertige historische Dokumente dar, die es uns erlauben die politischen, sozialen und kulturellen Umstände ihrer Zeit nachzuvollziehen. Ihr Forschungswert ist unschätzbar.

Initiales B und dekorative Bordüre. Psalm 1, Canterbury, frühes 11. Jahrhundert (British Library Arundel MS 155, f. 12r).

Initiales B und dekorative Bordüre. Psalm 1, Canterbury, frühes 11. Jahrhundert (British Library Arundel MS 155, f. 12r).

Die British Library und die BnF besitzen weltweit zwei der größten Kollektionen von mittelalterlichen Manuskripten. Dadurch, dass Frankreich und England durch Perioden von Kriegen, Eroberung und Allianzen so eng miteinander verflochten waren besitzen beide Bibliotheken einen hohen Bestand an französischen Manuskripten, die in Frankreich und in England produziert wurden, jedoch in Französich oder Latein verfasst worden sind.

Aktuell hat die British Library über 8000 Manuskripte und Miniaturen digital auf einer Webseite zur Verfügung gestellt. Gleichzeitig hat auch die BnF einen großen Teil ihrer Sammlung digital aufbereitet auf ihrer Webseite Gallica der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Das neue Projekt wurde durch eine generöse Förderung der Polansky Stiftung ermöglicht. Dr. Leonard Polansky ist der Auffassung, dass ihre Stiftung ein großes Privileg damit hat, dass sie diese beiden Institutionen dabei unterstützen dürfen, eins der größten Weltkurlturerbe erhalten und der Öffentlichkeit sowie der Froschung zugänglich machen zu können. Die Polansky-Stiftung ist eine britische Wohltätigkeitsorganisation, die primär kulturelles Erbe fördert und Stipendien in den Human- und Sozialwissenschaften vergibt. Ihre maßgeblichen Aktivitäten schließen Digitalisierungsprojekte großer Bibliotheken ein (neben den hier genannten außerdem die Bodleian Library, Oxford, die Cambridge University Library, die Apostolische Bibliothek im Vatikan und die New York Public Library).

Dekoriertes Initiales N aus West-Frankreich. 9. Jahrhundert (British Library Egerton MS 609, f. 46r).

Dekoriertes Initiales N aus West-Frankreich. 9. Jahrhundert (British Library Egerton MS 609, f. 46r).

Der Fokus des Digitalisierungsprojekts liegt auf Manuskripten, die zwischen dem 7. und dem 12. Jahrhundert entstanden sind. Die Manuskripte dieser Zeit porträtieren eine Zeit intensiven kulturellen und politischen Austausches zwischen den Regionen die heute Frankreich, die Normandie und England sind. Der Online-Zugang zu dekorierten Manuskripten, die literarische, historische, biblische und theologische Texte enthalten wird neue Forschungen ermöglichen, die aufzeigen werden wie Manuskripte und Personen damals durch Europa und die Welt reisten. Neue Verbindungen werden möglich gemacht, indem beide Kollektionen komparativ analysiert werden können.

Unter den ausgewählten Manuskripten wird eine Anzahl an Evangeliaren sein, die Miniaturen enthalten, welche auch als Zeugen dafür fungieren, wie sich Stile und Einflüsse in der Buchkunst verändert und entwickelt haben. Die Handschriften, Farben, Stile und dargestellten Objekte geben HInweise auf ihre Entstehungszeit und – ort. Mit der Digitalisierung dieser Manuskripte wird eine detailgetreue Untersuchung ermöglicht.

Evangelium des Thorney Abbey, produziert in Frankreich im frühen 10. Jahrhundert und im späten 10. oder frühen 11. Jahrhundert nach England überführt. (British Library, Add MS 40000 f. 34v).

Evangelium des Thorney Abbey, produziert in Frankreich im frühen 10. Jahrhundert und im späten 10. oder frühen 11. Jahrhundert nach England überführt. (British Library, Add MS 40000 f. 34v).

Neben dem kostenlosen Zugang zu den 800 Manuskripten, wird das Projekt Teil eines größeren Programms sein, dass sich sowohl an Forscher als auch an ein generelles Publikum richtet. Zahlreiche Manuskripte werden im Rahmen einer größeren internationalen Ausstellung gezeigt, die sich auf die internationalen Beziehungen des Angelsächsischen Raums mit dem Rest des Kontinents konzentriert und in der Zeit von Oktober 2018 bis Februar 2019 in der British Library besucht werden kann. Auch das Musée de Cluny in Paris zeigt mehrere der Manuskripte aus diesem Projekt in einer größeren Ausstellung, die sich auf Merovingianische Manuskripte konzentriert und ab dem 26. Oktober 2016 besucht werden kann.

Die British Library wird außerdem ein Buch publizieren, dass die schönsten und signifikantesten Manuskripte der Kollektion beinhaltet. Darüber hinaus ist ein Film in Produktion, der den Digitalisierungsprozess der Manuskripte dokumentiert.