Das Stundenbuch des Étienne Chevalier

JEAN FOUQUETS GRÖSSTES MEISTERWERK ENDLICH ALS FAKSIMILE

Die 47 Miniaturen aus der Hand Jean Fouquets – ursprünglich ein vollständiges Stundenbuch – wurden schon sehr früh als eines der größten Meisterwerke der abendländischen Buchmalerei erkannt. Durch die Zerlegung – wohl im 18. Jahrhundert – ist dieses Meisterwerk der Buchkunst nur mehr als Fragment erhalten. Besonders eindrucksvoll ist die phantastisch-raffinierte Ausführung der Miniaturen, in denen italienische und flämische Einflüsse zu einem einzigartigen Kunstwerk verschmelzen.

 

Beschreibung

DURCH DIE FAKSIMILE-
EDITION WIEDER VEREINT

Das Schicksal dieser berühmten Handschrift liegt bis heute im Dunkeln. Der Auftraggeber hingegen ist bekannt: es handelt sich um Étienne Chevalier, Schatzmeister Frankreichs unter der Regierung König Karls VII. (1422–1461). Das Meisterwerk dürfte in der Familie verblieben sein – bis zu Étiennes letztem direktem Nachkommen: Nicolas Chevalier, Baron von Crissé (1562–1630). Dann verliert sich die Spur – schon gegen Ende des 17. Jahrhunderts ist der Besitzer unbekannt, als der Gelehrte und „Antiquar“ Roger de Gaignières die Handschrift sieht – sie ist offenbar noch intakt – und zwei der Miniaturen reproduziert.

Es ist wohl die außergewöhnlich hohe Qualität der Miniaturen und ihr Charakter, der die Handschrift zum Opfer fällt, denn irgendwann nach de Gaignières wurde die Handschrift zerlegt. Zunächst wurden alle Texte, die zu den Miniaturen gehörten, überdeckt. Über die näheren Umstände ist nichts Genaueres bekannt. Nachvollziehen lässt sich das Aufbringen der „Bilder“ auf Eichentäfelchen. Insgesamt 40 Miniaturen sind daher unter Passepartouts auf Tafeln aufgezogen erhalten. Diese Serie gelangte – in den Wirren der Französischen Revolution seit 1789 – über die Familie Brentano in die Hände des Herzogs von Aumale. Seitdem sind die 40 „Bilder“ im Schloss von Chantilly ausgestellt, im „Santuario“, einem Raum, der eigens vom Herzog für diese Kunstwerke adaptiert wurde.

Andere, der Handschrift zuzuordnende Einzelblätter wurden nach und nach in verschiedenen Sammlungen oder bei Auktionen wiederentdeckt. Wo die einzelnen Blätter bis dahin waren, ist nicht bekannt. Heute befinden sich die Einzelblätter in verschiedenen Bibliotheken der ganzen Welt – erst die Faksimile-Edition ermöglicht es, sie wieder zusammenzuführen.

EIN JAHRHUNDERT-KÜNSTLER:
 JEAN FOUQUET


Gerade erst von einer Bildungsreise aus Rom (und wohl auch Florenz) zurückgekehrt, fiel er dem bedeutenden Kunstmäzen und Schatzmeister Frankreichs, Étienne Chevalier, sofort auf: Fouquets Malerei vereinigte zwei der bedeutendsten Kunstströmungen Europas, die flämische und die italienische, zu einer bis dahin noch nie dagewesenen Modernität und Ausdruckkraft. Jean Fouquet war zweifelsfrei einer der größten Buchmaler der Kunstgeschichte. Sein Stundenbuch für Étienne Chevalier zeigt das in jeder einzelnen der 47 Miniaturen.

Seit den 1450er Jahren stand
er im Dienst König Karls VII. und dann Ludwigs XI., dessen Hofmaler er 1475 wurde. Zu seinen Auftraggebern zählten neben Étienne auch andere hohe Beamte des Staates wie
der Kanzler Guillaume Juvénal des Ursins. Für Étienne schuf er neben dem Stundenbuch auch das Diptychon von Melun (um 1455) – zwei der bekanntesten Werke der französischen Buch- und Tafelmalerei des 15. Jahrhunderts. Ein Emaille-Medaillon mit einem Selbstbildnis Fouquets auf dem Rahmen des Diptychons zeugt von seiner selbstbewussten Künstlerindividualität.

EIN NEUES MINIATUREN-KONZEPT

Jede einzelne der 47 Miniaturen ist eine Welt für sich. Fouquet demonstriert mit seinen Neuerungen seine großartige Inspiration:
 in seiner Seitenaufteilung, die sein herausragendes Können beweist, die ihn die Szenen in noch nie dagewesener Art neu interpretieren lassen – solche, die geläufig in den Augen seiner Zeitgenossen sind, und solche, die kaum verwendet werden. Zu gleichen Maßen führt Fouquet Elemente ein, die an aktuelle Ereignisse und das Leben seiner Zeit angelehnt sind.