Beschreibung
Bildhafte Beschreibung eines Gemäldes
In der römischen Kaiserzeit ließ ein Autor namens Kebes mit seinem Werk vor dem inneren Auge seiner Leserschaft ein Gemälde entstehen. Es zeigt den Menschen auf seinem Lebensweg. Dieses in Gedanken evozierte „Sinnbild des Lebens“ wurde unter dem Begriff Bildtafel des Kebes bekannt.
Um 1506 verfasste der Mantuaner Humanist Filippo Alberici von diesem griechischen Text, des Kébetos Pínax, der Bildtafel des Kebes, eine in Hexameter gesetzte lateinische Fassung (Tabula Cebetis). Es ist die Beschreibung eines fiktiven Gemäldes in einem antiken Tempel, auf dem der Weg des Menschen zur Tugend gezeigt wird. Auf dem Weg lauern viele Gefahren in der Form schlechter Eigenschaften und Verhaltensweisen, die alle personifiziert sind: Luxuria (Wollust), Instabilitas (Unbeständigkeit), Falsa Disciplina (Scheinbildung) usw. treten dem Menschen als Figuren entgegen, genauso aber auch helfende Gestalten wie Promissio (Versprechen), Spes (Hoffnung), Constantia (Beständigkeit) und viele andere.
Mantua – Paris – Cambridge
Der aus Mantua stammende Humanist Filippo Alberici hielt sich Anfang des 16. Jahrhunderts einige Jahre in Paris auf. Er plante für den Sommer 1507 eine Reise nach Cambridge. Er hoffte dort den englischen König Heinrich VII. zu treffen und eine Anstellung am Hofe zu bewirken. Für diese Begegnung bereitete er Ende 1506 oder Anfang 1507 ein würdiges Geschenk vor: ein mit Miniaturen versehenes Buch, das ein von ihm selbst verfasstes Werk enthalten sollte, seine in Hexameter gesetzte Version der Bildtafel des Kebes, der Tabula Cebetis, der er ein Lobgedicht an Heinrich VII. voranstellte. So entstand die reizvolle kleine Handschrift Arundel MS 317, deren Text Filippo Alberici selbst schrieb. Er sah sechs Miniaturen vor, die die jeweiligen Abschnitte der Tabula Cebetis eröffnen sollten. Zu diesem Zweck wandte er sich in Paris an einen Buchmaler, an Jean Coene IV, der auch für das französische Königshaus arbeitete.
Das Scheitern eines hochfliegenden Plans
Daraufhin reiste er nach England, das Buch im Gepäck, um es dem König in Cambridge überreichen zu können. Wohl bereits auf der Insel, möglicherweise erst in Cambridge selbst, fügte er ein weiteres Lobgedicht an König Heinrich VII. hinzu. Die hoffnungsvollen Pläne Filippo Albericis zerschlugen sich; es kam wahrscheinlich nie zur angestrebten Audienz beim König, eine Berufung an den englischen Hof erreichte er auch in den folgenden Jahren nicht. Da die Dedikation an Heinrich VII. gescheitert war, beschloss Filippo Alberici noch im Sommer 1507 in England, das Buch jenem Mann, mit dem er in Cambridge oft Kontakt hatte, zuzueignen, Joachim Bretoner, dem Seneschall von King’s Hall. Zu diesem Zweck trug er ein weiteres eigenes Werk nach, De mortis effectibus (Über die Wirkungen des Todes), das sich mit dem unausweichlichen Ende des menschlichen Lebens befasst.
Das weitere Schicksal von Arundel MS317
Wahrscheinlich ließ Joachim Bretoner das Buch in Cambridge, als er nach Italien aufbrach. Schließlich war es 1608 in den Händen von Elizabeth Stuart, der Tochter Jakobs I., die am Ende ihren Namen eintrug. Über den Earl von Totnes kam die Zimelie an Thomas Howard, der die berühmte Arundel-Bibliothek begründete, deren Großteil heute als Arundel-Collection in der British Library verwahrt wird.
Die Faksimile-Edition
Um 1506 entsteht in Paris eine prächtige Renaissance-Handschrift, die Bildtafel des Kebes (Tabula Cebetis) des Filippo Alberici, die nun erstmals überhaupt als perfekte, originalgetreue Faksimile-Edition, limitiert auf 500 Exemplare, herausgegeben wird. Der Ledereinband ist in edlem Braun gehalten und mit wunderschöner Goldprägung geschmückt – ein echtes bibliophiles Meisterwerk. Eine Luxuskassette schützt die wertvolle Edition.
Der wissenschaftliche Begleitband, geschrieben von Dr. Dieter Röschel, beleuchtet alle Aspekte der Handschrift, geht ihrer spannenden Geschichte nach und erläutert alle Miniaturen und Initialen ausführlich.